Mit dem Begriff Globaler Süden wird eine im globalen System benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position beschrieben. Globaler Norden hingegen bestimmt eine mit Vorteilen bedachte Position. Die Einteilung verweist auf die unterschiedliche Erfahrung mit Kolonialismus und Ausbeutung, einmal als vor allem Profitierende und einmal als vornehmlich Ausgebeutete.
Begriffe wie „Entwicklungsländer“ oder "Dritte Welt" bringen eine hierarchisierende eurozentrische Vorstellung von „Entwicklung“ zum Ausdruck, der diese Länder zu folgen hätten, und die eine Unterentwicklung der Länder des Globalen Südens suggeriert, die auf die Hilfe der "Ersten Welt", der "entwickelten Länder" angewiesen sind. Hingegen wird mit dem Begriffspaar Globaler Süden bzw. Norden versucht, unterschiedliche politische, ökonomische und kulturelle Positionen im globalen Kontext zu benennen.
Die Einteilung in Süd und Nord ist nur bedingt geographisch gedacht. Australien gehört beispielsweise genau wie Deutschland mehrheitlich dem Globalen Norden an, aber es gibt in beiden Ländern auch Menschen, die Teil des Globalen Südens sind, zum Beispiel Aboriginal Australians und illegalisierte Personen. Andersherum gibt es auch in Ländern, die mehrheitlich dem Globalen Süden angehören, Menschen, die die bevorteilte Position des Globalen Nordens genießen, sei es, weil sie Weiß sind oder weil sie aufgrund ökonomischer Ressourcen zur global privilegierten Klasse gehören.
Die Beziehungen zwischen Globalem Norden und Süden sind fundamental geprägt von einer gemeinsamen kolonialen Vergangenheit und deren fortgeführtem Erbe in der Gegenwart. In den vergangenen Jahrhunderten wurden politische, ökonomische und kulturelle Machtverhältnisse geschaffen, die sich bis heute relativ stabil halten, die weltweit wirksam sind und von denen der Globale Norden bis heute profitiert. Das Ausmaß des europäischen Kolonialismus ist immens: Er hat eine über 500jährige, bis heute andauernde Geschichte; 1914 waren beispiels-weise 85% der Erde von Europäer_innen besetzt. Doch der europäische Kolonialismus beinhaltete nicht nur die Besetzung bestimmter Gebiete und war dementsprechend nicht mit dem Abzug der Kolonialmächte beendet. Er ist ein Wissens-, Herrschafts- und Gewaltsystem, das fortlebt und unser Denken und Handeln bewusst oder unbewusst bestimmt. Koloniale Machtverhältnisse umfassen insbesondere drei Dimensionen:
(Quelle: glokal e.V.)